Mit systemrelevanten Arbeiten Signale setzen
In der Schneiderei des Reha- und Arbeitswerks (RAW) Schweinfurt, einer Werkstatt der Lebenshilfe Schweinfurt, laufen die Maschinen trotz Werkschließung und Ausstellung aller Mitarbeiter mit Beeinträchtigung aufgrund der Corona-Pandemie auf Hochtouren. Stoffballen türmen sich an der Zuschneidemaschine und Nähmaschinen rattern um die Wette. Wo sonst Mitarbeiter mit psychischem Handicap Smartphone-Hüllen, Traubenkernkissen und Filztaschen nähen, sind nun Personalangestellte am Werk und produzieren unter Anleitung des Schneidermeisters Jan Niklas Ockert Mundmasken für die Lebenshilfe-Wohnheime in Schweinfurt, Hammelburg und Fuchsstadt. Auch für den Schweinfurter Katastrophenschutz, die GDW (Genossenschaft der Werkstätten für behinderte Menschen) mit Sitz in Kassel und weitere kleine regionale Firmen werden aktuell Mundmasken geschneidert. "Insgesamt", so Werkstattleiter Jürgen Hergenröder, "belaufen sich die Aufträge auf 8000 Masken und täglich kommen neue Anfragen hinzu."
"Die Idee war recht schnell geboren", meint Dieter Eckoff, stellvertretender Werkstattleiter. Mit der Ausbreitung des Coronavirus stieg die Nachfrage nach Mundmasken rasant an und auch die RAW-Schneiderei erhielt mehr und mehr Anfragen. "Mit unserem gut aufgestellten Maschinenpark, Know-how und gut bestücktem Materiallager ließ sich die Idee dann zügig in die Tat umsetzen", meint Hergenröder, zudem er auf ein motiviertes Personal mit der Bereitschaft zu "Alternativarbeit" zählen konnte. 230 Masken pro Tag schaffe das achtköpfige Team bereits, unter dem sich auch Mitarbeiter aus dem sozialpädagogischen Bereich, der Verwaltung, der Cafeteria oder der Industriemontage befinden. Von Einwegmasken bis hin zu Mehrwegmasken, die bei 60 Grad gewaschen werden können, reicht das Repertoire. Es werden dabei verschiedene Baumwoll- und Polyesterstoffe und zum Teil medizinische Stoffe verarbeitet, die dann allerdings der Auftraggeber mitliefern muss. Nicht zu verwechseln sind die im RAW produzierten Mundmasken mit den Mund-Nasen-Schutzmasken, sogenannten OP-Masken, oder den FFP-Masken. Die in der RAW-Schneiderei produzierten Masken verringern zwar das Risiko, dass Personen ihr Umfeld mit ausgeatmeten Tröpfchen kontaminieren, bieten aber keinen ausreichenden Virenschutz für den Träger selbst.
"Systemrelevante Arbeiten für die Helden aus den systemrelevanten Berufen verrichten", da sind sich Einrichtungsleiter, Schneidermeister und "angelernte" Schneidereimitarbeiter einig, ist eine tolle Sache. Außerdem kommen die Gewinne aus der Maskenproduktion 1-zu-1 den Mitarbeitern mit Beeinträchtigung des RAW zugute, wobei ein Teil dabei die Sicherstellung der Löhne der Mitarbeiter gewährleiste, wie Hergenröder informiert.
Neben der Mundmaskenproduktion wird auch in anderen Bereichen des RAW "systemrelevant" weitergearbeitet, wie zum Beispiel in der Industriemontage, wo Personalangestellte medizinisch notwendige Dialyseschläuche für Dialysegeräte bestücken und montieren. Weiter unterstützen die RAW-Angestellten das Betreuungspersonal in den Lebenshilfe-Wohnheimen oder sie bestücken Regale im Schweinfurter CAP-Markt, einem Integrationsbetrieb des Markt- und Service-Integrationsunternehmen, das die Lebensmittelversorgung am Deutschhof sichert.
"Ich bin stolz auf mein Team", gibt Hergenröder zu. Trotz Corona und der damit verbundenen Ausnahmesituation im RAW herrsche ein gutes Teamgefühl unter den Kollegen. Alle seien hochmotiviert und rücken zusammen und wo es sein muss auseinander.
Als Arbeitgeber bietet das RAW Schweinfurt 130 Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen die Möglichkeit, am Arbeitsleben teilzuhaben. Sie sind, unterstützt von rund 40 Personalangestellten, in unterschiedlichen Fertigungs- und Dienstleistungsfeldern tätig. Für industrielle, gewerbliche, kommunale und private Auftraggeber ist das RAW Schweinfurt ein verlässlicher Partner. Die Lohnarbeiten, Dienstleistungen und Eigenprodukte der Werkstatt, die nach ISO 9001 zertifiziert ist, genügen höchsten Ansprüchen an Qualität und Zuverlässigkeit.
Anfragen zu Mundmasken nimmt das RAW Schweinfurt gerne entgegen. Mit Wartezeiten ist allerdings zu rechnen. Kontakt: Reha- und Arbeitswerk (RAW) Schweinfurt, Tel. 09721 47331-100, E-Mail: raw.se[at]lh-sw.de.