Aktuelles bei der Lebenshilfe Schweinfurt

Satzungsänderung abgelehnt

Glückwünsche per Corona-Gruß: Dr. Horst Golüke (r.), Vorsitzender der Lebenshilfe Schweinfurt, zeichnet Heinz Tully für seine über 50-jährige Mitgliedschaft in dem gemeinnützigen Verein mit der Ehrennadel der Bundesvereinigung Lebenshilfe aus.

Emotionale Rede anlässlich seiner Ehrung für 50-Jahre Vereinsmitgliedschaft: „Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft“, sagte Heinz Tully, selbst Vater eines schwerbehinderten Sohnes, an die Anwesenden der Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Schweinfurt gewandt.

Mitgliederversammlung stimmt gegen Neustrukturierung der Lebenshilfe Schweinfurt

 

In der Mitgliederversammlung am Donnerstag ist eine vom Vorstand der Lebenshilfe Schweinfurt vorgeschlagene Neustrukturierung des gemeinnützigen Vereins abgelehnt worden. In der zur Lebenshilfe Schweinfurt gehörenden Werkstatt für behinderte Menschen Sennfeld fand sich unter den anwesenden Vereinsmitgliedern keine Dreiviertelmehrheit für die hierfür notwendige Satzungsänderung. Diese hätte vorgesehen, verschiedene Einrichtungen der Lebenshilfe Schweinfurt in zwei gemeinnützige GmbHs (gGmbHs) namens „Arbeiten“ sowie „Wohnen und Assistenz“ mit jeweils eigenen Geschäftsführungen auszugliedern. Zusätzlich hätte der bislang ehrenamtliche Vereinsvorstand in einen ehrenamtlichen Aufsichtsrat umgewandelt und die bisherige Geschäftsführung des Vereins zum hauptamtlichen Vorstand bestimmt werden sollen. In der neuen Struktur hätte der Aufsichtsrat die gGmbHs abschließend verantwortet sowie deren Geschäftsführungen und den hauptamtlichen Vorstand bestellt.

 

Dr. Horst Golüke erläuterte die Gründe für die vorgeschlagene Satzungsänderung. „Die Lebenshilfe Schweinfurt ist kein mittelständisches Unternehmen mehr“, sagte der Vereinsvorsitzende. Sie unterstütze in derzeit 20 Einrichtungen verteilt über vier Landkreise und die Stadt Schweinfurt beinahe 3.000 Menschen mit Behinderung und beschäftige über 1.000 Mitarbeiter. Die derzeitige Vereinsstruktur passe nicht mehr zu diesen Größenordnungen. Wie Golüke ausführte, haften in dieser der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende in Schadensfällen mit ihrem Privatvermögen in unbegrenzter Höhe. Zudem sei die personelle Führungsspanne und -verantwortung für eine Geschäftsführung in ihrer jetzigen Form kaum noch umsetzbar. „Verteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern und die Reduzierung des Haftungsrisikos“, fasste Golüke die Ziele der Satzungsänderung zusammen. Auch nach dieser ändere sich für Arbeitnehmer, Eltern und Mitglieder der Lebenshilfe Schweinfurt nichts, das Leitbild und die Grundsätze des Vereins blieben von ihr unangetastet. Obwohl sich die anwesenden Mitglieder gegen die Satzungsänderung aussprachen, stimmten sie in einem zweiten Wahlgang dafür, die Pläne für die Gründung von gGmbHs weiter auszuarbeiten.

 

Vor der Abstimmung hatte Golüke drei Personen für ihre jeweils über 50-jährige Vereinsmitgliedschaft in der Lebenshilfe Schweinfurt geehrt. Er zeichnete Marianne Grübel, Josef Reinhard und Heinz Tully mit der Ehrennadel der Bundesvereinigung Lebenshilfe aus. Tully, der die Ehrung als Einziger persönlich entgegennehmen konnte, wandte sich mit einer emotionalen Rede an die anwesenden Mitglieder. „Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft“, sagte der Vater eines schwerbehinderten Sohnes. Er erinnerte daran, wie sich das Leben von Eltern eines behinderten Kindes von einem Tag auf den anderen von Grund auf ändern könne. Auch sprach Tully davon, wie schwierig es für Eltern sein könne, das eigene Kind Einrichtungen der Behindertenhilfe anzuvertrauen und für es damit ein Stück weit Verantwortung abzugeben. Zudem stelle er sich als 80-Jähriger wie andere betroffene Eltern die Frage, was aus seinem Sohn werde, wenn seine Frau und er nicht mehr für ihn da sein könnten. „Glücklicherweise“, so Tully, „gibt es die Lebenshilfe Schweinfurt.“

 

Anschließend stellte Golüke der Mitgliederversammlung die Höhepunkte aus dem Vereinsleben der vergangenen zwei Jahre vor: Dazu gehörten unter anderem das im Oktober 2019 eröffnete Schweinfurter Wohnpflegeheim, der Spatenstich für ein neues Schweinfurter Wohnheim im August 2021, die Eröffnung des Schweinfurter Lebenshilfe-Kindergartens im November 2020, der Fortschritt der Bauarbeiten an der Werkstatt für behinderte Menschen Hammelburg und der Bezug des neuen Reha- und Arbeitswerks (RAW) Schweinfurt im Juli 2020.